Veröffentlicht am 7. Juli 2017
UN beschließen historisches Abkommen 7. Juli 2017
122 Staaten haben am Freitagmorgen bei den Vereinten Nationen in New York einen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen verabschiedet.
Nach Jahrzehnten stockender Abrüstung senden sie eine klare Botschaft an die Atomwaffenstaaten: die internationale Staatengemeinschaft akzeptiert den bisherigen Sonderstatus der Atommächte nicht länger.
Das völkerrechtlich verbindliche Abkommen verbietet neben der Herstellung, dem Einsatz und Besitz auch die Drohung mit einem Nuklearschlag sowie die Stationierung von Atomwaffen in anderen Staaten.
Damit handelt künftig auch die Bundesregierung mit der nuklearen Teilhabe in der NATO und der Verfügung über US-Atomwaffen in Deutschland gegen geltendes Völkerrecht. Die Bundesregierung blieb aus diesem Grund und auf Druck der USA den Verhandlungen fern.
Friedensaktivisten sehen in dem Vertrag einen Durchbruch. „Das Verbot schließt eine völkerrechtliche Lücke, die trotz Ende des Kalten Krieges über Jahrzehnte offen klaffte“, sagt Sascha Hach von ICAN Deutschland. „Bio- und Chemiewaffen sind schon lange verboten, doch der Besitz von Atomwaffen war bis heute erlaubt. Dieses Paradox haben die atomwaffenfreien Länder nun beendet, indem sie den Aufstand gegen die Atommächte gewagt haben.“
Die Atomwaffenstaaten haben die Verhandlungen boykottiert, ebenso die meisten NATO-Staaten. „Der Vertrag wird trotzdem Wirkung entfalten“, sagt Xanthe Hall, Abrüstungsexpertin der IPPNW. „Er stigmatisiert den Besitz von Atomwaffen und erhöht den Druck zur Abrüstung. Außerdem verbessert sich der Schutz von Opfern von Atomwaffeneinsätzen und -tests durch konkrete Auflagen zu Opferhilfen und Umweltrehabilitation.“
Aber auch für die deutsche Nuklearpolitik hat der Vertrag Hall zufolge Konsequenzen. „Das Atomwaffenverbot läutet das Ende der Abschreckungspolitik ein. Die Stationierung von US-Atomwaffen auf deutschem Boden ist mit dem Vertrag nicht vereinbar. Diese völkerrechtliche Klärung einer seit Jahrzehnten juristisch hochumstrittenen Praxis, begrüßen wir ausdrücklich“.
Mit dem Vertrag vollzieht sich eine historische Wende in der Nuklearpolitik. Erstmals rücken die menschliche Sicherheit und die katastrophalen humanitären Folgen von Atomwaffen ins Zentrum der Diskussionen. Den Anstoß hierfür gaben vor allem die internationale Zivilgesellschaft und Staaten, die keine Atomwaffen besitzen.
Nukleare Abrüstung ist künftig keine Frage, die Atomwaffenstaaten ungestört unter sich ausmachen können. Die Blockadepolitik der Atommächte ist damit beendet. Der Vertragstext macht den Weg frei für ein Mitspracherecht aller Staaten.
Neben den Verbotsvorschriften schafft das Abkommen auch Rahmenbedingungen für ein umfassendes Kontroll- und Verifikationsregime. Bisher mussten sich nur Staaten, die keine Atomwaffen besitzen Sicherheitsvorkehrungen unterziehen.
Der Vertrag schafft nun die Grundlage, dass künftig auch Atomwaffenstaaten kontrolliert und verpflichtet werden, mit anderen Staaten in Abrüstungsfragen zusammenzuarbeiten. Ab jetzt muss eine atomwaffenfreie Welt gemeinsam verwirklicht werden.
Zugleich sorgt die Offenheit des Vertrages gegenüber Staaten, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beitreten können oder wollen, dafür, dass das Regelwerk lebendig bleibt. Somit kann der Geltungsbereich schrittweise erweitert werden.
„Es ist ein konstruktives Misstrauensvotum gegen den von Atomwaffenstaaten dominierten Sicherheitsrat, der in seiner Rolle als Hüter des Weltfriedens versagt hat“, unterstreicht Hach die geopolitische Dimension des Abkommens. „Doch die Bedeutung des Vertrages erschöpft sich nicht in der Rebellion gegen die Verweigerungshaltung und Arroganz der Mächtigen. Überdies werden die Türen weit geöffnet für eine gemeinsame und multilateral begründete Weltordnungspolitik.“
Nach Inkrafttreten des Vertrages ist der Besitz von Atomwaffen mit einem beträchtlichen diplomatischen Reputationsschaden verbunden. Dies wird den weltweiten Druck für Abrüstung massiv erhöhen.
Maßgebliche Initiatoren für die Aufnahme der Verhandlungen waren Österreich, Irland, Südafrika, Nigeria, Brasilien und Mexiko.
Der Vertrag wird nach aktuellem Stand ab dem 20. September 2017 in Anwesenheit der Außenminister bei der UN-Vollversammlung feierlich zur Unterschrift freigegeben. Notwendig sind 50 Ratifizierungen, damit der Vertrag 90 Tage später in Kraft tritt.
Mehr Informationen zu den Verbotsverhandlungen: www.nuclearban.de
Kontakt für die Medien:
Anne Balzer, ICAN Germany (Internationale Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen), Tel.: +1 (631) 464 1053, www.icanw.de
Angelika Wilmen: IPPNW Deutschland (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges e.V.) Tel. 030 69807415, Mobil 0162 205 79 43, www.ippnw.de
UN beschließen historisches Abkommen 7. Juli 2017
122 Staaten haben am Freitagmorgen bei den Vereinten Nationen in New York einen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen verabschiedet.
Nach Jahrzehnten stockender Abrüstung senden sie eine klare Botschaft an die Atomwaffenstaaten: die internationale Staatengemeinschaft akzeptiert den bisherigen Sonderstatus der Atommächte nicht länger.
Das völkerrechtlich verbindliche Abkommen verbietet neben der Herstellung, dem Einsatz und Besitz auch die Drohung mit einem Nuklearschlag sowie die Stationierung von Atomwaffen in anderen Staaten.
Damit handelt künftig auch die Bundesregierung mit der nuklearen Teilhabe in der NATO und der Verfügung über US-Atomwaffen in Deutschland gegen geltendes Völkerrecht. Die Bundesregierung blieb aus diesem Grund und auf Druck der USA den Verhandlungen fern.
Friedensaktivisten sehen in dem Vertrag einen Durchbruch. „Das Verbot schließt eine völkerrechtliche Lücke, die trotz Ende des Kalten Krieges über Jahrzehnte offen klaffte“, sagt Sascha Hach von ICAN Deutschland. „Bio- und Chemiewaffen sind schon lange verboten, doch der Besitz von Atomwaffen war bis heute erlaubt. Dieses Paradox haben die atomwaffenfreien Länder nun beendet, indem sie den Aufstand gegen die Atommächte gewagt haben.“
Die Atomwaffenstaaten haben die Verhandlungen boykottiert, ebenso die meisten NATO-Staaten. „Der Vertrag wird trotzdem Wirkung entfalten“, sagt Xanthe Hall, Abrüstungsexpertin der IPPNW. „Er stigmatisiert den Besitz von Atomwaffen und erhöht den Druck zur Abrüstung. Außerdem verbessert sich der Schutz von Opfern von Atomwaffeneinsätzen und -tests durch konkrete Auflagen zu Opferhilfen und Umweltrehabilitation.“
Aber auch für die deutsche Nuklearpolitik hat der Vertrag Hall zufolge Konsequenzen. „Das Atomwaffenverbot läutet das Ende der Abschreckungspolitik ein. Die Stationierung von US-Atomwaffen auf deutschem Boden ist mit dem Vertrag nicht vereinbar. Diese völkerrechtliche Klärung einer seit Jahrzehnten juristisch hochumstrittenen Praxis, begrüßen wir ausdrücklich“.
Mit dem Vertrag vollzieht sich eine historische Wende in der Nuklearpolitik. Erstmals rücken die menschliche Sicherheit und die katastrophalen humanitären Folgen von Atomwaffen ins Zentrum der Diskussionen. Den Anstoß hierfür gaben vor allem die internationale Zivilgesellschaft und Staaten, die keine Atomwaffen besitzen.
Nukleare Abrüstung ist künftig keine Frage, die Atomwaffenstaaten ungestört unter sich ausmachen können. Die Blockadepolitik der Atommächte ist damit beendet. Der Vertragstext macht den Weg frei für ein Mitspracherecht aller Staaten.
Neben den Verbotsvorschriften schafft das Abkommen auch Rahmenbedingungen für ein umfassendes Kontroll- und Verifikationsregime. Bisher mussten sich nur Staaten, die keine Atomwaffen besitzen Sicherheitsvorkehrungen unterziehen.
Der Vertrag schafft nun die Grundlage, dass künftig auch Atomwaffenstaaten kontrolliert und verpflichtet werden, mit anderen Staaten in Abrüstungsfragen zusammenzuarbeiten. Ab jetzt muss eine atomwaffenfreie Welt gemeinsam verwirklicht werden.
Zugleich sorgt die Offenheit des Vertrages gegenüber Staaten, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beitreten können oder wollen, dafür, dass das Regelwerk lebendig bleibt. Somit kann der Geltungsbereich schrittweise erweitert werden.
„Es ist ein konstruktives Misstrauensvotum gegen den von Atomwaffenstaaten dominierten Sicherheitsrat, der in seiner Rolle als Hüter des Weltfriedens versagt hat“, unterstreicht Hach die geopolitische Dimension des Abkommens. „Doch die Bedeutung des Vertrages erschöpft sich nicht in der Rebellion gegen die Verweigerungshaltung und Arroganz der Mächtigen. Überdies werden die Türen weit geöffnet für eine gemeinsame und multilateral begründete Weltordnungspolitik.“
Nach Inkrafttreten des Vertrages ist der Besitz von Atomwaffen mit einem beträchtlichen diplomatischen Reputationsschaden verbunden. Dies wird den weltweiten Druck für Abrüstung massiv erhöhen.
Maßgebliche Initiatoren für die Aufnahme der Verhandlungen waren Österreich, Irland, Südafrika, Nigeria, Brasilien und Mexiko.
Der Vertrag wird nach aktuellem Stand ab dem 20. September 2017 in Anwesenheit der Außenminister bei der UN-Vollversammlung feierlich zur Unterschrift freigegeben. Notwendig sind 50 Ratifizierungen, damit der Vertrag 90 Tage später in Kraft tritt.
Mehr Informationen zu den Verbotsverhandlungen: www.nuclearban.de
Kontakt für die Medien:
Anne Balzer, ICAN Germany (Internationale Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen), Tel.: +1 (631) 464 1053, www.icanw.de
Angelika Wilmen: IPPNW Deutschland (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges e.V.) Tel. 030 69807415, Mobil 0162 205 79 43, www.ippnw.de